Vor der Berliner Fahrradschau kommt traditionell die „Lange Nacht der Fahrradläden“, ein muss für mich, da man hier in netter Runde die unterschiedlichen Locations kennenlernt. In diesem Jahr hatte ich mich mit Alex von Bike Citizens verabredet. Nicht ganz uneigennützig wie ich zugeben muss. Zwar ist es mit der Navi-App von Bike Citizens kein Problem die einzelnen Läden abzufahren, aber Alex kennt die Stadt wie seine Westentasche, wie ich schon auf dem letzten gemeinsamen Night Ride feststellen konnte. Jeder gab zwei / drei Vorschläge in den Topf und fertig war die Auswahl der Läden.
Starten wollten wir bei Bicicli. Der Laden von Stephan A. Jansen und Anderen sieht aus wie ein Fahrradladen in sehr edlem Look, ist aber viel mehr: ein Zentrum für Mobilitätsberatung. An diesem Abend sollte der Salon #3 zum Thema Wohnen und Mobilität stattfinden. Alex hatte diese Veranstaltung ganz bewußt als ersten Anlaufpunkt ausgewählt, denn er wußte, dass ich mich bei diesem Thema würde kaum zurückhalten können.
Von Katja Täubert vom VCD, Johannes Gillert, Immobilienberater und Investorenvertreter und René Wilcke als Projekt-Manager und Vertreter der Joanes Stiftung gab es drei Kurz-Inputs mit unterschiedlichen Sichtweisen, die schnell die Diskussion in Gang brachten. So wurden aus der geplanten Stunde schnell 2 1/2 Stunden und gleich eine Handvoll spannender Gespräche die fortgesetzt werden wollen.
Nun aber aufs Rad und weiter zum nächsten Laden. Standert, ein immer wiederkehrender Anlaufpunkt, wenn ich in Berlin mit und in Sachen Fahrrad unterwegs bin. Das Team von Standert baut Rahmen und komplette Räder für Urban Bikes, Rennräder und Track/Fixie Bikes. Und die meisten aus Stahl. Max trifft mit vielen seiner Kreationen meinen Geschmack. So auch heute wieder. Als wir den Laden betreten, thront da in der Mitte über dem Tresen erhöht ein Reiserad in edlem Schwarz mit bordeauxrotem Sattel und Lenkerband. Die Kombi Schwarz/Bordeauxrot strahlt etwas edles aus, das mich immer schon begeistert hat.
Der Laden ist voll, ein schnelles Pale Ale und den Blick immer wieder auf das „Kleine Schwarze“ gerichtet philosophieren Alex und ich darüber, welches Rad wir noch unbedingt brauchen. Schließlich ist die Formel, wieviele Räder man braucht einfach und einprägsam:
n + 1
wobei n die Anzahl der derzeit im Besitz befindlichen Räder darstellt.
Doch ich muss mich losreißen, denn ein Laden für alte Rennräder wartet noch, der mir bisher unbekannt war. Vintage Velo in Friedrichshain befasst sich mit alten Rennräder, hauptsächlich in Stahl. Matthias hatte zu einem französischen Abend eingeladen. Inzwischen hatte es leider wieder begonnen zu regnen. Diese feine Art von Regen, den jeder Fahrradfahrer liebt, weil er überall eindringt und man das Gefühl hat, ihm auch nicht ausweichen zu können. Besonders wir Brillenträger machen schon nach wenigen hundert Metern eigentlich nur noch einen Blindflug. So kam es, das ich bei Matthias Vintage Velo mir erstmal klare Sicht verschaffen musste und nicht gleich beim Eintreten das schöne Mecacycles wahrgenommen habe.
Es hängen und stehen im Laden zwischen den Gästen alles was im französischen und italienischen Rahmenbau Rang und Namen hat. Zu Käse und Weißwein wird gefachsimpelt und Matthias bessert mein Wissen zu den Marken die bereits in meiner Sammlung sind (und zu denen, die noch hinein möchten) gerne auf. Dass ich dann noch neue Griffgummis für meine Shimano-Bremsen erstehen kann, stellt die rein praktische Seite dar.
Einer geht noch, stellen Alex und ich fest. Auf zu 8bar. Die Truppe von 8bar kommt direkt aus der Fixie-Szene. Rahmen, Räder und Rennen gehören hier untrennbar zusammen. Dazu kommt das besondere Farbdesign, mit dem die Räder auch aus dichten Pulks leicht heraus gesehen werden können. Als wir ankommen ist gerade das Bier alle und das es nicht wenig gewesen sein muss entnehmen wir der Artikulationsfähigkeit des einen oder anderen. Die Stimmung ist gut und wenn kein Bier mehr da ist weiß man sich mit Eigenkreationen aus der Mixküche zu helfen. Das Alex den ganzen Becher dieses Drinks mit Mate-Anteil um kurz vor Zwölf noch gelehrt hat, wird ihm später noch ein paar schlaflose Stunden bescheren. Aber was soll’s, die Fahrradschau macht am nächsten Tag eh erst um 18.00 Uhr auf.
Mit vielen Eindrücken versorgt und Zweifeln welches wohl mein nächstes Rad werden soll, denn das Mitte von 8bar kommt auch als Allrounder in Frage, mache ich mich zurück auf den Weg durch Berlin in mein Hotel. Schließlich kommt die Fahrradschau noch. Und fürs nächste Jahr beginnen wir die „Lange Nacht der Fahrradläden schon zum Fünf-Uhr-Tee.
Mehr zu den einzelnen Läden in den nächsten Tagen
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