Retro Fietsenbeurs Dessel/B

Sonntagmorgen, 7.00. Eigentlich keine Zeit um aufzustehen, allerdings lockt mich heute eine Veranstaltung nach Belgien. In Dessel findet die erste Fietsenbeurs in diesem Jahr statt. Seit ich mich für alte Stahlrenner begeistere, lagen die Termine für die Fietsenbeursen immer so unglücklich, dass es mir nicht möglich war, teilzunehmen. Die Niederlande und Belgien bieten hier ein breiteres Spektrum als unser Land. Genauer gesagt ist mir in Deutschland nur eine Veranstaltung bekannt, die aber derzeit auch noch mit organisatorischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Die Sonne lockt mich aus dem Haus. Meine Befürchtungen eines neuen Wintereinbruchs haben sich nicht bestätigt. Auf geht es. Um 10.00 öffnen die Tore in Dessel; ich habe kalkuliert um 11.00 dort zu sein. Man muss ja nicht unbedingt der Erste sein. Die Anreise verläuft planmäßig und pünktlich um 11.00 stehe ich vor der Halle. Von wegen, man muss nicht der Erste sein. Diese Zurückhaltung scheint niemand außer mir im Kopf gehabt zu haben. Der Parkplatz ist brechend voll und nach Zahlung des bescheidenen Eintritts von 3 € (in Worten ‚Drei‘) dränge ich mich durch die Gänge. Hier scheint es doch nach dem System zu gehen, der frühe Fietser fängt den Derailleur. Ich versuche mir einen Überblick zu verschaffen. Komplette Räder sind nur in übersichtlicher Zahl zu sehen. Die Masse machen Fahrradteile für Rennräder, hauptsächlich der Generation 70er und 80er Jahre aus. Auffällig ist, dass die Kunden im Schnitt älter sind als die Verkäufer. Natürlich ist der überwiegende Teil männlich, ich denke so zwischen 40 und 70 und in der Regel drahtiger als ich. Männer mit Bauch sitzen, wenn überhaupt, nur hinter den Verkaufstischen.

Schon im ersten Rundgang fallen mir ein Gazelle Champion Mondial (mit Preisschild) und ein Eddy Merckx (ohne Preisschild) auf. Neben mir stehen zwei Niederländer mit den ersten Pilsjes. Ich gönne mir einen Kaffee und ein ‚Kaasbrodje‘, sozusagen als Denkpause.

Auf der Bühne des Bürgerhauses sind einige besondere Ausstellungsstücke zu sehen. Ein wunderschönes Bianchi Spezialissima von Ende der 70er und ein Alcyon von 1905 bilden besondere Anziehungspunkte, stellen aber eigentlich die Demo für eine enorme Auswahl originaler Trikots mit Fahrerautogrammen dar. Trikots mit dem Originalschweiß aus den 80ern sind nicht mein Thema. Ich mache mich auf zur nächsten Runde um das Gazelle; das Eddy Merckx hat eine wunderschöne Campa-Ausstattung und ist in hervorragendem Zustand und damit wohl schon sehr überlegt ohne Preisschild ausgestattet. Für mein Budget dürfte es zu teuer sein. Zurück zum Gazelle. Mir ist vor einem halben Jahr ein gleiches Modell durch die Lappen gegangen. Gleicher Preis, gleiche Komponenten, gleiche Farbgebung, aber deutlich besserer Zustand. Ich werde heute noch einige Male um dieses Rad schleichen.

Also Konzentration; was brauchen wir noch. Das Bernard Hinault benötigt neues Lenkerband, das Bauer Rennrad Laufräder aus de 60ern und für die Dyna Drive Pedalen am Jan Janssen fehlen mir noch die nötigen Käfige. Pedalriemen in Blau wären auch ganz nett. Nach und nach finde ich alles, was auf meiner akuten Wunschliste steht. Zu den Laufräder nehme ich auch noch zwei gebrauchte Schlauchreifen mit. Bei vielen Teilen fragt man sich, woher diese kommen; Kisten mit Schaltungen der großen Drei aber auch Exoten; Drahtreifen in diversen Größen von Neu über NOS bis gebraucht.

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An den Ständen mit Trikots gehe ich recht unachtsam vorbei bis ich im Augenwinkel ein Gitane-Jersey entdecke, in klassischen Blau gehalten. Allerdings ist mein Gitane in der späten gelb-weißen Farbgebung gehalten, aus der Zeit, zu der Renault Hauptsponsor war. Somit bleibt es hängen, aber zwangsläufig komme ich wieder am Champion Mondial vorbei. Durch das Bild wird ein blaues Rennrad vermutlich aus den 60ern geschoben. Es ist nicht ersichtlich, ob es bereits seinen Besitzer gefunden hat oder noch verkauft werden soll, Ich sehe nur noch einen Pappzettel mit 475.- am Sattel baumeln. Mein Blick wendet sich wieder dem Gazelle zu. Ich entdecke doch ein paar kleine aber unschöne Roststellen an Positionen, die nicht einfach mal zu lackieren sind. Also endgültiger Abschied von diesem Stahlrenner. Der Saal leert sich deutlich, obwohl es erst kurz nach Mittag ist. Ein letzter Rundgang zeigt mir, dass der 60er Jahre Renner tatsächlich noch zu haben ist. Ein tschechisches Modell, das mir bisher unbekannt ist. Nach kurzer Überlegung beschließe ich jedoch, dass die Teile in meinem heutigen Einkaufskorb und die Eindrücke reichlich Ausbeute darstellen. Der Parkplatz leert sich und auch ich mache mich auf den Weg, in der Hand einen Infozettel von der nächsten Fietsenbeurse.

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