Kurz vor meiner Reise tauchte Gianluca auf meinem Instagram-Account auf. Ich weiß nicht mehr über welches Foto wir in Kontakt gekommen sind, aber ‚Wien‘ viel mir halt auf, da ich gerade die letzten Buchungen vorbereitete. Wien und die Räder, die auf den Fotos gezeigt wurden. Ich vermutete einen Laden für gebrauchte Rennräder in Wien. Bisher war meine Suche nach Läden mit gebrauchten Stahlrennern in der Donaumetropole recht sparsam ausgefallen. Kein Laden schien eine Internetseite zu pflegen. Ich war sogar schon den Umweg über die Google-Suche zu Vintage-Rennrädern gegangen und auf einen alten Bericht in einem Stadtmmagazin gestoßen, in dem über ein Bike-Cafe mit Rennrädern in der Operngasse berichtet wurde. Auch hier allerdings keine Internetseite, sondern nur ein Facebook-Eintrag, aber immerhin mit Öffnungszeiten und ein paar Bildern.
Nun also über Instagram das ABC austrian.bike.center. Meine Anfrage nach den Öffnungszeiten ergab die freundliche Nachricht von Gianluca, dass er den Aufbau von Rädern von zuhause betreibe und die Projekte dann über das Internet verkaufe. Einen gemeinsamen Kaffeetermin fände er aber sehr nett. Auch gut. Ich bin immer wieder erfreut, wie das Hobby Vintage-Renn- und Fahrräder zu neuen Bekanntschaften führt. Wir verabreden uns locker für meinen Anreisetag, an dem ich ja auch das Vello.bike übernehmen darf und somit flexibel bin.
Dienstag nach Ostern, in Wien ist der Frühling eingezogen, ich habe das Vello übernommen und die ersten Kilometer mit zunehmender Begeisterung zurückgelegt. Für 16 Uhr haben wir uns im Museumsquartier vor dem mumok verbredet. Ich bin ein paar Minuten zu früh und kann noch ein paar Fotos machen. Motive gibt’s im MQ, wie das Museumsquartier sich selbst abkürzt, genügend.
Gianluca kommt mit seinem rot-weißen Motobecane . Mein Vorschlag ins Café des Architekturzentrums zu gehen findet Zustimmung und ein paar Minuten später stellt sich die Frage nach Melange oder Brauner. Ich entscheide mich für die Melange. Wir kommen schnell ins Gespräch über das Thema Rennräder – natürlich aus Stahl. Gianluca hat mit dem Motobecane begonnen, da ein Händler meinte es lohne nicht das Rad instand zu setzen. Wie bei so vielen Liebhabern die ich kennengelernt habe, beginnt es oft mit einem ersten Rad für den Alltag und das Interesse ist geweckt. Wann der Moment überschritten wird, an dem es sich dann zur Sucht entwickelt ist wohl noch nicht erforscht. Gianluca baut neben seinem Studium Vintage-Rennräder auf, vorausgesetzt sie sind aus Stahl. Wie es sich dann manchmal entwickelt, konnte ich erst kürzlich bei meinem Besuch in Berlin bei Vintage Velo feststellen. Auch Mathias hat neben dem Studium begonnen sein Hobby auszuweiten, Räder aufzubauen und zu verkaufen. Daraus geworden ist ein schöner Laden mit tollen Rädern in einer Preisklasse, die kein Traum bleiben müssen.
Wir unterhalten uns noch eine Weile über die Räder, die wir in den Fingern gehabt haben oder noch haben, vergleichen die Internetportale in Deutschland und Österreich und Gianluca erzählt mir über seine Erfahrung mit den Vintage-Rad-Läden in Wien. Es gibt sie also doch, aber sie arbeiten eher im Verborgenen. Keine Internetseite, kein Facebook-Auftritt, ab und zu eine Anzeige auf willhaben.at. Es sind eher Einzelgänger, die vor sich hin schrauben. Ihnen wird wohl mein nächster Besuch in Wien gelten.
Die zweite Melange ist geleert und das Vello wartet. Gianluca und ich werden unsern Kontakt fortsetzen genug Gesprächsstoff und genug Stahlrenner gibt es ja.
Ach ja, in der Operngasse beim „Radlager“ fahre ich dann doch noch vorbei. Der Laden ist dicht, wie Gianluca schon vermutete. Die Schaufenster dienen nur noch als reklamefläche für Fast-Food. Welche Ironie, denn Fast-Food waren gerade die Stahlrenner ja nicht, die dort mal zwischen den Tischen gestanden haben. Schade, dass das Konzept nicht getragen hat.
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