Sixdays Bremen

Nachdem ich schon vor einigen Jahren in Apeldoorn bei der UCI Bahnradweltmeisterschaft war, hatten mich die Sixdays in Bremen oder Berlin schon lange gereizt. Sechstagerennen haben eine lange Tradition. Bereits 1875 fand in Birmingham das erste Sechstagerennen in Birmingham statt. Einzelfahrer fuhren sechs Tage rund um die Uhr. 1899 wurden in New York Zweierteams, die sich abwechselten, eingeführt. Es dauerte dann immer noch bis 1909, bis dann in Berlin das erste Sechstagerennen in Berlin und damit in Kontinentaleuropa, bestritten wurde. Gewonnen haben 1909 in Berlin die US-Amerikaner Floyd MacFarland und Jimmy Moran.

Leider wurden in den letzten Jahren immer mehr Veranstaltungen eingestellt. Nun passte es gerade und ich konnte einen Abend freibekommen um nach Bremen zu fahren. Die ÖVB-Arena liegt direkt hinter dem Hauptbahnhof und der letzte Zug zurück ließ zwar nicht den Blick auf die letzte Siegerehrung zu, aber der überwiegende Teil der abendlichen Rennen war garantiert.

Schon direkt hinter dem Bahnhof zog ein breiter Strom von Menschen zur ÖVB-Arena. Meine Hoffnung auf einen guten Platz, von dem ich spannende Fotos machen konnte schwand. Dann die Sicherheitskontrolle: keine Waffen, Stockschirme, Taschen größer als 30 cm und Fotoapparate. Meine Vorfreude erhielt den nächsten Dämpfer. Doch die Sicherheitskontrolle ließ sowohl meine Fototasche durchgehen als auch die Kamera mit in die Halle.

Der Ansturm auf die Garderobe wurde zügig abgearbeitet. Und wo bitte geht’s in die Halle. Rolltreppen führen auf die VIP Emporen und Bierstand wechseln sich mit Pizzabuden und Bratwurststand ab. Na, wenn ich den Weg nicht auf Anhieb finde, finden die anderen Ihn sicher auch nicht so schnell und meine Hoffnung auf einen Platz direkt an der Reling stieg wieder. In der Halle dann die Überraschung: freie Platzwahl hieß wirklich freie Platzwahl. Schätzungsweise waren 10% der Plätze belegt (höchstens). Auch im Innenoval standen die Menschen noch recht locker. Das erste Rennen der U19 hatte gerade begonnen und die Nachwuchsfahrer legten sich enorm ins Zeug. Es blieb also genügend Zeit sich einen Standort zu suchen um ein paar spannende Bilder zu schiessen. Das Innenoval bot wenig Möglichkeiten da die wenigen Plätze direkt an der Bande schnell belegt waren. Die Blicke der Menschen richtete sich überraschender Weise von der Bahn weg ins Innere. Mehr gelangweilt standen sie an die Bande gelehnt da und taxierten das Publikum. Es war wohl spannender zu sehen, wer sich gerade am Bierstand drängelte als ein spannendes Rennen zu beobachten. Von hier werde ich wohl kaum gute Eindrücke bekommen. Also auf die andere Seite zu Start und Ziel. Hier standen schon einige Pressefotografen. Auf den Rängen das gleiche Bild wie auf der Gegengeraden. Wenig besetzte Plätze, kaum Menschen denen man fieberhafte Spannung in den letzten Runden ansah. Von hier aus hatte ich auch einen guten Einblick in den VIP-Bereich des Innenovals. Sicherlich teuer bezahlte Tische, deren Nutzer jedoch (noch) durch Abwesenheit glänzten.

 

Nach der U19 wurden die Profiteams vorgestellt. Die Fahrer konnten teilweise mit Erfahrungen in den großen Straßenrennen Tour oder Vuelta aufweisen und versprachen ein spannendes Rennen. Das Madison geht über 45 Minuten. Die Wertung ist nicht gleich für jeden verständlich. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Reihen sich kaum mehr füllten. Ich hatte jedoch eine gute Position und konnte die Fahrmanöver, die Wechsel innerhalb der Teams mittels Schleudergriff gut beobachten und doch fehlt die Stimmung, der Druck aus der Masse der Zuschauer, die Anfeuerungsrufe wenn das favorisierte Team sich anschickt sich langsam nach vorne zu arbeiten.

750_9581In der Pause zwischen der “Großen Jagd“ und dem Rennen der Sieger erkennt man, warum die Halle so spärlich besetzt ist. Für Männlein und Weiblein ist das Programm aus Bierständen, Pizzaverkauf und Disko-Beiprogramm scheinbar interessanter als die Jungs, die sich auf Rädern auf dem Oval abkämpfen.

Ich glaube 90% der Gäste, die dort rund um die Halle flanieren, teils als Pärchen, teils in Gruppen und schon zeitig angetrunkenem Zustand werden diesen Abend kein einziges Rad sehen. Wieder in der Halle beobachte ich noch die Light-show und das nächste Rennen aber die Stimmung bleibt flau. Ich entscheide mich dann einen früheren Zug zu nehmen. Ohne die direkte Stimmung in der Halle von begeisterten, mitfiebernden Rennsportfans lockt dann doch das Gläschen Wein mit Freunden, die in meiner Wohnung sitzen. Schade für diesen Abend. Dennoch werde ich auf nächste Rennen nicht wieder solange warten. Ich werde jedoch sicher wieder einen Austragungsort in den Niederlanden oder Belgien wählen um eine authentische, spannende Veranstaltung mitzuerleben. Good bye Bremen.

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