Eigentlich beginnt das Fahrradjahr Ende Februar – zumindest für die Fahrrad-Fans, die nicht auf der Jagd nach Vintageteilen sind.
Die kolektif-bike-fair fand am letzten Februarwochenende nun zum zweiten Mal in Berlin statt und hat damit die Position des Nachfolgers der Berliner Fahrradschau behauptet. Wie im letzten Jahr bildete das Motorwerk Berlin die szenegerechte Location. Am Freitagabend fanden sich die ersten Gäste zur Eröffnung ein. Die Aussteller feilten noch am letzten Finish und schon an der Pressetheke fanden sich die ersten Bekannten ein.
Die offizielle Eröffnung im Obergeschoß viel etwas knapper aus, als im ersten Jahr. Zwar läuft man sich in der Halle immer wieder über den Weg, allerdings könnte man die Eröffnung mit dem ein oder anderen Hintergrundgespräch und etwas Raum für small-talk aufwerten. In der Halle dann die gewohnte Aufteilung. Im Erdgeschoss finden sich hauptsächlich die Fahrradmarken und Komponentenhersteller ein, wogegen auf der Empore Kleidung und Accessoires überwiegen.
Gleich zu Beginn stellen auf Podesten kleinere Manufakturen ihre neuen Kreationen aus. Immer wieder spannend welche schönen Details an den Rahmen und bei den Bauteilen für Beleuchtung und Gepäck zu sehen sind. Ein völlig neues Rahmenkonzept stellt Urwahn mit den Modellen „Stadtfuchs“ und „Platzhirsch“ vor.
Neu? Irgendwie kommt mir die Rahmenform ohne durchgehendes Steuerrohr bekannt vor. Auch das Rover Safety von 1885 kombinierte schon Sattelrohr mit Hinterbaustrebe. Allerdings ermöglichen erst die modernen Materialien die eleganten, dynamischen Formen. Urwahn bleibt dem Stahl treu. Der Rahmen aus CrMo-Rohren, kombiniert mit den Verbindungselementen aus dem 3D-Drucker, ermöglichen einen elastischen, organisch geformten Rahmen. Alle Züge sind im Rahmen integriert, genauso wie Vorder- und Rücklicht.
Der Gates Riemenantrieb passt hervorragend zu diesem, auf größtmöglichen Purismus und Fahrfreude abzielenden Konzept. Bleibt der „Stadtfuchs“ dem Muskelantrieb treu, wird der „Platzhirsch“ elektrisch unterstützt. Auch wenn ich immer noch nicht zum Umstieg auf ein eBike bereit bin, vereint der „Platzhirsch“ alle Kriterien die mir wichtig sind. Er sieht nicht aus wie ein eBike. Stehen Platzhirsch und Stadtfuchs nebeneinander fällt das leicht verstärkte Unterrohr für den integrierten 250 W-Akku kaum auf. Der 40 Nm starke Mahle ebikemotion hat genug Power den Platzhirsch nach vorn zu schieben und ist kaum auffälliger als eine 11-Gang-Nabenschaltung. Ladebuchsen, Halterung für Zusatzakku, Licht und Bedienelemente sind sauber integriert. 80 km unterstützte Freude am Fahren steht somit nichts im Wege. Auch 8bar stellte auf der kolektif ein neues Modell vor.
Das 8bar TFLSBERG weist alle notwendigen Features für Langstreckenreisen auf und kommt gleich mit einem eigens für dieses Rad entwickelten bike-packing-system daher. 8bar nutzt die kolektif um ein Feedback auf das neue bike zu erhalten, was 2021 kommen soll. Noch besser als 8bars Mitte scheint mir dieses Konzept auf längere Touren und spontane Trips ausgelegt zu sein. Ich habe mich schon mal in die Interessensliste eintragen lassen.
Der nächste Zwischenstop gilt Alex und Andreas von bikecitizens und einem Bier. Bikecitizens ist nicht nur „mein“ Tool um mich durch die Städte zu bringen sondern auch für die Städte ein unersetzliches Infomationstool bei der Verkehrswende.
Weiter geht’s durch die Halle. Im Erdgeschoß fallen mir neben einigem Bekannten und den Klassikern wie Brooks und Giro, Oakley und Co noch das sehr breite Angebot von Bartapes am Stand von BLB auf. Brick Lane Bikes warten nicht nur mit den unterschiedlichen Bikes sondern auch immer wieder mit spannenden Komponenten auf.
Die umfangreiche Collektion von Bartapes reicht von spacigen Materialien mit Oberflächen für einen besonderen Grip über Reflektiv-Materialen bis hin zu textilen Bändern in klassischen bis ausgefallenen Designs. Leider habe ich nicht soviel Räder wie mir Bare Tapes gefallen, aber wir kennen ja die helfende Formel: n+1
Cooper Bikes führt einen legendären Namen, den eher Motorsportfans in Erinnerung haben. Klassische Rahmenform kombiniert mit eAntrieb und Scheibenbremsen bilden die britische Note. Zu dem Commuterbike passt der saubere Gatesantrieb um für Fahrten ins Office und am Abend geeignet zu sein.
Vor dem Gang auf die Empore steht die Wahl Burger oder Bowl. Die gastronomische Versorgung ist nicht besonders umfangreich aber lecker, von vegan bis fleischlastig.
Auf der Empore empfängt uns das Modelabel SV. Leider sind die Jacken nicht mein Schnitt. Da hilft auch kein Rausreden, dass es nur am gerade gegessenen Burger liege, dass es etwas über dem Mittelbereich spannt.
Zwischen den überwiegenden Ständen mit Bikeware und Packing bleibe ich noch bei Kappstein hängen. Ausgefallene Kettenblätter speziell für Singelspeed und Fixie, sauber verarbeitet und in verschiedenen Farben werden sicher zum Hingucker beim nächsten Neuaufbau. Zum Glück habe ich nicht die notwendigen Maße parat, sonst hätte sich die Tasche schnell gefüllt.
Von der Empore hat man einen hervorragenden Überblick. Haben wir alles Wichtige gesehen? Bei den Cargo-bikes habe ich wenig geschaut, obwohl besonders eine Nutzungsidee sicher viele Nachahmer finden wird: der spezielle Bierflascheneinsatz. Übrigens bietet die Galerie noch Fläche für Erweiterungen. Eine Bloggers-Corner wäre ganz nett, um sich bei einem Getränk auszutauschen und die Eindrücke zu diskutieren. Aber es müssen ja auch noch Ideen für die nächste kolektif bike fair bleiben, die sicher 2021 kommen wird.