Das war ein „last man standing“ im wahrsten Sinne des Wortes. Die Veranstaltung von Rad Race rund um die kolektif bike fairwar die letzte Radveranstaltung vor der Corona-Krise, die ich besuchen konnte. Zwar machte man sich schon etwas Gedanken über die Dichte in U- und S-Bahnen, aber noch hatte Corona nicht das Verhalten bestimmt.
Für das „last man standing“ war die Indoorkartbahn in Berlin-Hohenschönhausen umfunktioniert worden. Der Weg von der Stadtbahnhaltestelle kam einem vor wie ein Sprung in die Vergangenheit mit Zeitraffereffekt. Vorbei ging es an Siedlungshäuschen die sich teilweise seit 89 nicht verändert hatten und andere hatten einen Reload durch das komplette Baumarktsortiment über sich ergehen lassen müssen. Rund um die Kartbahn waren die Straßen des Gewerbegebietes gut gefüllt. In der Halle liefen die ersten Ausscheidungsrunden. Die Zuschauer standen hinter den Balustraden und auf Reifenstapeln und fieberten mit den Fahrern mit.
Einzelne Fahrer schienen ganze Fangruppen mitgebracht zu haben. Das Johlen und Applaudieren schwoll an, wenn sie durch die Kurven rasten. Fahrer und Teams wechselten, das Publikum wechselte zwischen draußen und drinnen und doch war die Stimmung entspannt.
Für mich war es der erste Besuch eines „last man/woman standing“ aber die Szene schien wie eine große Familie zu sein. Freundschaftliche Begrüßungen und intensive Gespräche, fachsimpeln über Räder und Bauteile und die Spannung in der Halle schwirrte je weiter die Ausscheidungsrunden voranschritten.
Als besonderer Gast ging an dem Abend der Schweizer Fabian Cancellara an den Start. Cancellara gehört zu den weltweit erfolgreichsten Radrennfahrern der letzten Jahre. Er war ein Spezialist für Einzelzeitfahren und Eintagesrennen, insbesondere bei den prestigeträchtigen Frühjahrsklassikern konnte er Erfolge erzielen. Von den «Monumenten des Radsports» konnte er dreimal Paris–Roubaix, dreimal die Flandern-Rundfahrt und einmal Mailand–Sanremo gewinnen.
Nun bin ich sehr schlecht im Erkennen von berühmten Personen, noch dazu, wenn die meisten Bilder von Radrennfahrern mit Helm und Brille gemacht wurden. Wenn dann aber um eine Person häufig Fotografen und ein Filmteam herumschwirren, weiß man, um wen es sich handelt. Auf der Bahn habe ich ihn dann nicht mehr gesehen, da wir uns nach ein paar Stunden wieder auf den Weg ins Hotel machten und den „last man“, die „last women“ nicht mehr mitbekommen haben. Apropos „last women“: die Fixie-Rennen scheinen immer noch eine überwiegende Männer Domäne zu sein. Fahrerinnen waren deutlich unterrepräsentiert. Das erste „last man standing“ hat auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht. Das nächste Mal bin ich dann auch ein wenig besser vorbereitet. Denn warum nun wer in welcher Runde rausgeflogen ist, hat sich mir manchmal noch nicht erschlossen.
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