Sometimes it is exciting to look for bike developments in local history. In my hometown, the two engineers Vietor and Lindemann tried to steer the bicycle story in a different direction. They believed that the circular crank movement was unnatural and developed a crank that led to an elliptical movement and a tricycle that was moved forward by a treadmill. At the bicycle exhibition in Leipzig in 1889 they presented this bicycle built by Dürkopp. However, there were no success reports.
Die Fahrradhistorie ist in den letzten Jahren immer wieder, insbesondere zum 200 jährigen Jubiläum, durch Bücher, Zeitungsartikel und Internetbeiträge beleuchtet worden. Hierzu fanden sich auch einige Publikationen mit regionalem Kontext, insbesondere in den schon bekannten Fahrradregionen. Allerdings gehört dazu nicht Osnabrück. Mich interessiert wie in einer durchschnittlichen Industrie- und Handelsstadt die Fahrradentwicklung vonstatten gegangen ist. Gab es Hersteller? Wie hat sich die Händlerstruktur entwickelt und aus welchen Geschäftsfeldern kamen diese.
Die Basis der Untersuchungen ist relativ überschaubar. Frank Papperitz Handbuch der deutschen Fahrradmarken bildet einen Ausgangspunkt. Adressbücher der Stadt Osnabrück, die Datenrecherche im Staatsarchiv und den Bibliotheken stellen weitere Fundorte dar. Die Zeitungsarchive sind mit den Berichten und Anzeigen ein großer Fundus, stellen jedoch, da keine Volltextsuche möglich ist auch den aufwendigsten Teil der Recherche dar. Das Internet bietet, wenn man die richtigen Anhaltspunkte hat, natürlich einen enormen Fundus an Informationen.
Die früheste für Osnabrück verzeichnete Marke im Handbuch der Fahrradmarken ist ein Eintrag zu „Victor & Lindemann“ von 1889. Damit lag auf der Hand, diese „Marke“ als Basis der Recherche zu wählen. Die Suche nach einer Firma dieses Namens in den Adressbüchern der Stadt Osnabrück in den Jahren 1880 bis 1910 blieb erfolglos. Auch der Nachnahme „Victor“ tauchte nicht auf, wohl jedoch eine Maschinenfabrik Lindemann. Wie so oft bedarf es eines kleinen Puzzlestückes um eine Kette von Informationen in Gang zu setzen. Von einem Freund bekam ich einen Auszug aus dem Buch „Fahrrad und Radfahrer“ von Wilhelm Wolf, das als Bibliophiles Taschenbuch 1979 neu erschienen war. Hier wird ein Patent eines Dr. Alwin Vietor aus dem Jahr 1888 zu einer neuartigen Tretkurbel beschrieben. Ich hatte sofort den Verdacht, dass es sich bei der Bezeichnung „Victor & Lindemann“ um einen Druckfehler handeln und die richtige Bezeichnung „Vietor & Lindemann“ lauten musste. Frank Papperitz hatte mir mitgeteilt, dass er den Hinweis zu dieser Fahrradmarke aus einem Ausstellerverzeichnis der Fahrradausstellung von 1889 in Leipzig hatte, das in einer Ausgabe des Radmarktes abgedruckt war. Leider habe ich diesen Jahrgang noch nicht einsehen können. Wo sich nun der Druckfehlerteufel eingeschlichen hat und aus Vietor Victor gemacht hat sei dahingestellt. Aber nun von Beginn an.
Quelle:Wihelm Wolf; Fahrrad und Radfahrer; Die bibliophilen Taschenbücher; Harenberg, Dortmund 1979
Dr. Alwin Vietor, in manchen Publikationen auch „Viëtor“, scheint etwa zeitgleich 1887 mit Robert Lindemann nach Osnabrück gekommen zu sein. Ob sie bei „Georgs-Marien-Berwerks- und Hütten-Verein, Abtheilung Eisen- und Stahlwerk Osnabrück “ beschäftigt waren, lässt sich nur vermuten, ist jedoch wahrscheinlich, da sie Ihren Wohnsitz nacheinander im Gebäude der Verwaltung des „Eisen- und Stahlwerkes Osnabrück“ angeben. Alwin Vietor ist Dr. phil und Ingenieur und Robert Lindemann bezeichnet sich anfänglich als „Maschinenmeister“. Zu dieser Zeit ist August Haarmann Stahlwerksdirektor. Seinen Patenten ist es zu verdanken, dass sich das Stahlwerk gegenüber der Konkurrenz durch Krupp und Bochumer Hüttenverein behaupten kann. Mit Alwin Vietor kam ein Ingenieur nach Osnabrück, der in den folgenden Jahren zahlreiche Patente für den Eisenbahnbau entwickelte und über Jahre durch Artikel in Fachzeitschriften wie „Stahl und Eisen“ auf sich aufmerksam machte. Es bleibt noch im Dunkeln, wie Alwin Vietor und Robert Lindemann zum Fahrrad kamen und ob sie sich bereits vor ihrem Umzug nach Osnabrück kannten, was jedoch anzunehmen ist, da sie bereits im Jahr 1887 gemeinsam ein Patent für ein Fahrrad einreichten. Dieses eher als „Fahrmaschine“ gestaltete Gefährt und als „Dreirädriges, durch Gehbewegungen angetriebenes Fahrzeug“ wurde am 26. August vom Deutschen Patentamt unter der Nummer 43584 geschützt. Da es anscheinend für Fahrräder noch keine eigene Abteilung gab, wurde es in der Klasse 63: Sattlerei und Wagenbau veröffentlicht. In der Patentschrift heißt es:
Bei dem nachstehend beschriebenen Fahrrade kommt eine Antriebsvorrichtung zur Anwendung, welche der Fahrende dadurch in Thätigkeit setzt, dass er die nämlichen Bewegungen ausführt, als ob er sich auf dem Erdboden gehend bewege und den Apparat vor sich herschiebe. Schreitet der Radfahrer vorwärts, so nimmt das Fahrzeug dieselbe Bewegungsrichtung an; stellt ersterer seine Gehbewegung ein, so steht auch das Fahrzeug still; macht er eine Rückwärtsbewegung, so macht auch das Fahrzeug eine solche, und wendet sich der Radfahrer während des Gehens nach rechts oder links, so schwenkt der Apparat in eine entsprechende, nach rechts oder links abbiegende Richtung ein.

Wenn man den Text genauer liest, stellt man fest, dass es mit dem Lenken nicht so einfach war, wie im vorgenannten beschrieben. Detailliert wird beschrieben, dass es lederne Riemen gibt, die das kleinere Hinterrad lenkbar machen. Ebenso wird die Bremse über Riemen betätigt. Das wesentliche ist jedoch der Antrieb über das Laufband. Vietor und Lindemann waren also schon 1887 überzeugt, dass die Tretkurbel als Antrieb nicht dem natürlichen Bewegungsablauf entspricht. Ähnlich einem heutigen Laufband in den Fitnesstudios schreitet der Fahrer auf zwischen zwei Rollen oder Trommeln gespannten „Boden“ und versetzt über die Reibung zwischen Schuhsohlen und Band die Rollen in eine Drehbewegung die wiederum über Riemen und Ketten auf eines der Vorderräder übertragen wird. Aus welchem Material das Laufband gefertigt wird bleibt in der Patentschrift offen.
Weiter heißt es im Text:
Die vordere Trommel m ist an dem einen Ende mit einem Kettenrad, einer Riem- oder Schnurscheibe versehen, über welche eine endlose Kette, Riemen oder Schnur p führt, durch welche die Drehung der Trommel m auf das Zahnrad q übertragen wird. Die Achse dieses letzteren ist bei dem auf der Zeichnung dargestellten Fahrzeug zwischen den an dieser Stelle sich bis zu gegenseitiger Berührung nähernden Tragrohren g und k gelagert. Das Zahnrad q greift in das Zahnrad r ein, welches mit dem Vorderrad a fest verbunden ist, so dass dieses Rad a in umgekehrter Drehungsrichtung wie q
und m rotirt und eine Fortbewegung des Fahrrades in der Richtung der Gehbewegung des Fahrers veranlasst. Das Rad a ist somit Treibrad, doch könnte ebenso gut das rechts laufende Rad b diese Function übernehmen. Auch würde bei nicht gekröpfter Achse c der Anwendung eines sogenannten Doppeltriebmechanismus (nach Art der Planetenoder Umlaufgetriebe) nichts im Wege stehen, welcher bei Dreirädern verschiedener Construction üblich ist und beide Räder zu Treibrädern macht.
Bei einseitigem Antrieb scheinen mir doch einige Kräfte aufzuwenden sein, um das Gefährt in einem halbwegs akzeptablen Geradeauslauf zu halten wo hingegen bei dem im Text vorgeschlagenen beidseitigen Antrieb über ein Differential nachzudenken wäre.
Im gleichen Jahr lassen sich Vietor und Lindemann eine Ergänzung patentieren, die darin besteht, dass das einzelne, lenkbare Hinterrad durch zwei kleine Hinterräder ersetzt werden, um das Gefährt auf Schienen einsetzen zu können. Die Ergänzung wird unter der Nummer 45945 am 17. Juli 1888 patentiert aber erst am 17. Januar 1889 ausgegeben.
Zwischenzeitlich entwickelt Alwin Vietor eine Ellipsentretkurbel, die am 22. März 1888 unter der Patentnummer 45859 beim Kaiserlichen Patentamt in der Klasse 63: Sattlerei und Wagenbau veröffentlicht wird. Vietor ging davon aus, dass die einfache, kreisförmige Drehbewegung nicht dem natürlichen Bewegungsablauf des Menschen entspricht. Die nach seiner Auffassung naturgemäße Bewegung ist die, in einer langgestreckter Ellipse vor sich gehende Bewegung. Vietor setzte dies um, in dem die Pedalen nicht kreisförmig sondern elliptisch die Achse umlaufen. Die Kurbeln bestehen aus zwei Armen, die durch Zahnräder oder Ketten so miteinander verbunden sind, dass der Nebenarm mit derselben Geschwindigkeit aber mit entgegengesetzter Drehbewegung die Achse umläuft. Somit umlaufen die Pedalen in einer elliptischen Bewegung die Kurbelachse. Um die Konstruktion den unterschiedlichen Schrittmaßen anzupassen, können die Pedalen an den Nebenarmen in der Länge verstellt werden. Die gesamte Konstruktion ist mit einer Art Zapfen am unteren Rahmenrohr bzw. -Rundstahl befestigt. Das zur Illustration dargestellte Rad ist ein Dreirad, auf dem der Fahrer leicht rückversetzt zur Achse der Hauptkurbel fast steht. Das Oberrohr wird unter dem Sattel durchgeführt bis über die hintere Achse und mündet in einem senkrechten Rahmenrohr, das auf die Hinterradachse führt. Ob die Kurbel wirklich gebaut und auf die Funktion getestet wurde, ist nicht dargestellt.

Erst am 27. Februar 1889 vermeldet die Osnabrücker Zeitung, dass die „Herren Ingenieure Dr. Vietor und Lindemann“ um Erteilung eines Patents für ein „Dreirädriges, durch Gehbewegung angetriebenes Fahrrad“ nachgesucht haben.
Am gleichen Tag meldet die Osnabrücker Zeitung ebenfalls, dass dieses Rad durch die Dürkopp-Werke in Bielefeld gebaut worden ist und die Osnabrücker Vietor und Lindemann damit an der „ersten großen allgemeinen Ausstellung von Fahrrädern und Fahrgeräthen Deutschlands, die jetzt im Kristallpalast zu Leipzig stattfindet“ teilnehmen.
Ob Vietor und Lindemann nun mit dem Fahrrad gemäß ihrem Patent oder einem Rad mit dem von Alwin Vietor patentierten Tretkurbelantrieb an der Ausstellung teilnahmen, lässt sich nicht nachvollziehen. Es ist jedoch anzunehmen, da beide Namen genannt wurden, dass es sich um das Fahrrad mit Gehantrieb handelte. Das Rad wurde laut Zeitungsbericht bei Dürkopp in Bielefeld gebaut. Einen Zeitungsbericht über die Resonanz auf das Tricycle der beiden Osnabrücker konnte ich leider bisher nicht finden. Damit lässt sich auch nicht abschätzen, ob das Gefährt jemals wieder nach Osnabrück zurückkam
Damit schließt sich wieder der Kreis zu dem Eintrag bei Frank Papperitz. Ob Vietor und Lindemann mit ihrer Konstruktion Zuspruch in Leipzig hatten wird wohl im Verborgenen bleiben. Ob die Geräte jemals wieder nach Osnabrück zurückgebracht wurden, konnte ebenfalls nicht ergründet werden.
Dr. Alwin Vietor wird im Adressbuch von 1899 nicht mehr aufgeführt. In den weiteren Jahren meldet er zahlreiche Patente zum Eisenbahnbau von seinem Wohnsitz in Wiesbaden an.
Robert Lindemann führt ab 1896 laut dem Osnabrücker Adressbuch eine Maschinenfabrik in der Martinistraße 59. Dieses Gelände wird 1911 von Wilhelm Karmann gekauft und die Maschinenfabrik R. Lindemann am Hauptsitz in Düsseldorf ab 1913 weitergeführt.
Wilhelm Karmann hatte 1901 die Wagenfabrik von Chr. Klages gekauft, der in Osnabrück eine Wagenbaufabrik am Kamp führte und seit 1885 auch Howe’s und Matchless Bicycles und Tricycles anbot. Karmann sah jedoch die Zukunft im Automobilbau und verzichtete bereits 1903 auf die Bewerbung von Fahrrädern.
Klasse, Frank. Sicher eine sehr aufwendige Recherche. Schade, dass nicht mehr draus geworden ist, aus dem Vorstoß der beiden. Wäre sicher interessant geworden… Grüße Jörg
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Jörg, im Prinzip ist ja viel draus geworden: Schau mal in die großen Glasfenster der Fitnessstudios wie die Menschen dort auf den Laufbändern sich abstrampeln; nur kommen sie nicht wirklich vorwärts 🙂
Viele Grüße, Frank
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