Kolektif Berlin 2024

Die kolektif bike fair ist für mich nicht nur eine Fahrrad Show, sondern auch immer Treffpunkt. Regelmäßig kann ich hier mit Leuten ins Gespräch kommen, die ich sonst das ganze Jahr nicht treffe. Darüber hinaus bietet die alte Industriehalle eine gute Atmosphäre für die Nachfolge der mittlerweile fast schon in Vergessenheit geratenen Berliner Fahrradschau. 2018 fand die letzte Berliner Fahrradschau statt. Ich war 2016 zum ersten Mal auf der Fahrradschau in den alten Hallen am Gleisdreieck. Sie hat für mich seinerzeit Maßstäbe gesetzt und insbesondere auch durch das Rahmenprogramm Möglichkeiten eröffnet mit vielen Leuten ins Gespräch zu kommen und neue Kontakte zu knüpfen. Dann vor der zehnten Ausgabe der Berliner Fahrradschau das aus. Schon 2018 während der neunten Veranstaltung hörte man Gerüchte und Rumoren in den Hallen. Was hatte diese Fahrradmesse ausgezeichnet? Ein großer Anteil an kleinen Manufakturen und Labels, die Atmosphäre in den historischen Hallen nahe dem Gleisdreieck und das zahlreiche Rahmenprogramm, wie zum Beispiel die lange Nacht der Fahrradläden, die 2018 das letzte Mal stattfand. Es war ein besonders Erlebnis mit dem Rad durch die Berliner Nacht zu fahren, in den unterschiedlichsten Shops immer wieder auf Leute zu treffen, die man schon irgendwo bei einem anderen Event gesehen hatte und bei netten Drinks gute Gespräche zu führen. Am darauf folgenden Tag traf man sich in der Messehalle wieder, machte Probefahrten, schaute Bike Polo zu oder Chillte einfach in einer der Lounges.
Nach dem „Aus“ eine kurze Zeit der Ratlosigkeit, bis das Team von Rad Race verkündete, dass sie diese Art aus Fahrradmesse und Treffpunkt für die Szene in Berlin halten möchten. 2019 fand dann mit kurzer Vorbereitungszeit die erste kolektif bike fair im Motorwerk statt. Es ist dem Team von Rad Race mit der kolektif zu verdanken, dass Berlin noch einen Anlaufpunkt für die alternative Szene hat. Es ist müßig die Frage zu stellen, ob die Berliner Fahrradschau ihr Programm und ihr Image über die Jahre hätte halten können oder ob sie sich auch mehr und mehr zu einer Consumer-Messe entwickelt hätte. Schon in den Jahren 2017/2018 nahm nach meiner Erinnerung der Anteil der größeren Marken und vor allen Dingen der E-Bikes immer mehr zu.


Nun aber zurück zur kolektif 2024. Leider konnte ich in diesem Jahr nicht bereits am Freitag auf der Messe sein. Das war in den letzten Jahren immer der Tag, der den meisten Raum und auch durch die etwas geringere Besucherzahl mehr Ruhe für intensive Gespräche beim gepflegten Bier bot. In diesem Jahr also Samstagmittag, die Hallen waren bereits gut gefüllt. Und schon am Eingang zeigte sich, dass der Anteil der Hersteller von Radmoden, Taschen und Accessoires wohl noch einmal zugenommen hat.

Zuerst stieß sich auf die Stände von Fingerscrossed und Aevhttps://www.aevor.com/deor, mit denen ich ja schon auf der Cyclingworld ausführlich gesprochen hatte. Auf dem Stand von Aevor/Pinqponq konnte ich gleich meine Erfahrungen mit der in Düsseldorf erworbenen Tasche loswerden. Ich hatte morgens etwas Mühe, mein Handy in der dafür vorgesehen Tasche unterzubringen. Aber diese Rückmeldung war bereits mehrfach geäußert worden, so dass sicher mit einer leicht vergrößerten Tasche in Zukunft zu rechnen ist. Schräg gegenüber der Stand von Schindelhauer. Sie sind, wenn ich mich recht entsinne seit Beginn der Kollektiv Stammgast im Motorwerk. Die klassische Rahmengeometrie mit einem ausgewählten, konservativen Farbschema gefällt mir weiterhin. Aber auch Schindelhauer muss anscheinend mit der Zeit gehen und widmet sich mehr und mehr dem E-Bike-Markt, dem ich ja bisher nicht zu viel abgewinnen konnte.

Wie bereits geschrieben, hat mich urwahn in Düsseldorf doch stark in Versuchung geführt. Urwahn war in diesem Jahr auf der kolektif nicht vertreten, wie man auch zahlreiche kleine Manufakturen und Labels vermisst. Warum sich ein Manufakturen eher an den Rhein gezogen fühlten, konnte ich nicht eindeutig ergründen. Im Gespräch mit Berliner Insidern wurde mir jedoch versichert, dass die kolektif weiterhin ein moderates Preisgefüge für Aussteller bietet, so dass die Gründe für die Abwanderung an anderer Stelle gesucht werden muss. Vielleicht liegt es daran wie ein Berliner Radfreak mir erzählte, dass die Berliner eher schauen als kaufen. Da die Aufwände für einen Messeauftritt, insbesondere für kleine Marken, nicht zu unterschätzen sind, kann ich nachvollziehen, dass danach geschaut wird wo mehr ernst zu nehmen Interessenten zu finden sind. Für die kolektif ist es schade, da insbesondere die alternative Szene nicht so sehr nach den Neuerungen der Consumer Marken schaut, sondern eher nach individuellen kleinen Serien.
Ein Stand weiter leuchten die Rucksäcke von Braasi. Integriert ist eine SunFibre Wearable Active Lighting Technology, ein einzigartiges Glasfaser-Beleuchtungssystem, das die Sichtbarkeit bei Dunkelheit oder schlechten Lichtverhältnissen erhöht.
Im Gegensatz zu reflektierenden Sicherheitselementen strahlt SCILIF SunFibre Licht durch optische Fasern ab, die mit einer Textilbeschichtung umhüllt sind, und sorgt so für aktiven Schutz.

Als störend habe ich empfunden, dass POC ihren schwarzen Transporter wie einen Block in die Halle gefahren hat. Auch die weitere Standarchitektur suggerierte eher Abschirmung als Einladung.

Gefreut hat mich Vello Bike auch hier in Berlin anzutreffen. Die Konstruktion des Faltrades mit E-Antrieb den unschlagbar leichten Gewicht fasziniert mich immer noch. Auch die spätere Proberunde auf dem Velo hat mich wieder voll überzeugt.

Die Kombination aus Motor und Akku in der Hinterradnabe und des System der Rekuperation überzeugen auf ganzer Länge. Auf der Teststrecke im Außenbereich war es fast nicht möglich, den Speedmodus ausreichend zu genießen. Ein Stück weiter traf ich auf die Lastenräder von Schoof-Jensen. Der sogenannte Doppeldecker mit einer Ladefläche vor dem Lenker und einer ausklappbaren Doppelfläche auf Höhe der Nabe ist raffiniert. Durch diese Konstruktion kann der Radstand kürzer gehalten werden als bei vielen Mitbewerbern. Das führt so einem Fahrverhalten, das deutlich näher am konventionellen Rad liegt. Die verschiedenen Ausstattung von Boxen bis Spannriemen machen das Lasten-Tier auch für Handwerker interessant.


Die Empore war in diesem Jahr nicht komplett gefüllt wie in den letzten Jahren. Hier findet man traditionell Zubehör, Radkleidung und den Späti. Wer der Meinung war, dass radfahren nicht ohne Tattoo geht, konnte dieses sich sofort vor Ort stechen lassen.
Jay von den Cyclepunks schien im Laufe des Tages deutlich zufriedener als noch am Freitagabend.

Im Außenbereich hat zahlreiche Hersteller ein breites Spektrum und Testrädern aufgeboten. Zuvor war für mich jedoch erst noch mal das Lasten Rad Rennen spannend. Mittlerweile haben sich einige Fahrer quasi zu semi Profis entwickelt und beladen ihre Lastenräder mit den vorgegebenen zwei Wasserkisten, der Poolnudel und dem Klappstuhl in Windeseile. Hier zeigen sich dann allerdings auch die unterschiedlichen Qualitäten der Lastenesel. Die Einen kommen bei richtiger Anordnung nahezu ohne jegliche Fixierung aus, während bei anderen die Ladung unter den Riemen schon ganz schön schaukelt.


Langsam wurde es schattig auf dem Außengelände. Schnell noch auf der Empore einen Blick auf die Fotoausstellung werfen. Die Fotos von Dennis Arndt und Jakob Flanderka aus dem Rad-Race-Leben hätte noch ein wenig bessere Ausleuchtung verdient.

Bei LePatron konnte ich dann nicht Wiederstehen und ein Poloshirt und die nächsten Fahrradsocken wanderten in meinen Rucksack. Undwas trägt Mann unter der Fahrradhose? Ach dafür hat LePatron das nötige Accessoires.

Es bleibt noch Zeit für ein paar Gespräche auf gemütlichen Bierkisten bei einem nachmittäglichen Kaltgetränk und dann machen wir uns wieder auf den Rückweg. Am Ausgang gibt es noch ein Goodie: Das blaue Buch der Fahrradtechnik von Park Tool. Die Tür des Motorwerks schließt sich für uns bis zum nächsten Jahr.

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