kollektiv bike fair 2022

Am 25. März war es endlich wieder so weit. Die kollektif bike fair öffnet die Türen. Die letzte bike fair fand 2019 kurz vor Ausbruch der Corona Pandemie statt. Wir schlenderten durch gut gefüllte Hallen auf der fair und standen eng an eng beim last man standing auf der Cartbahn. Hinterher fragten wir uns, ob wir uns eventuell angesteckt haben könnten aber die ersten Tage der Unsicherheit gingen ohne Krankheitsanzeichen vorüber. Was folgte waren zwei Jahre fast ohne Fahrradevents. Auch die kollektif wurde in dieser Zeit angekündigt und wieder abgesagt. Die Szene musste sich mit Bildern und Berichten in den social media begnügen. An dieser Stelle schon einmal herzlichen Dank an das Team der kollektif bike fair fürs Durchhalten.

Und dann war es am 26. März um 18.00 endlich soweit. Schon in der Stunde zuvor füllte sich der Raum vor den Türen des Motorwerk Berlin in Berlin-Weißensee. Jedem Aussteller und jedem Crew-Mitglied, die durch die Nebeneingänge verschwanden wurde mit neidischen Blicken begleitet. Dann öffneten sich auch für uns die Türen. Die Zugangskontrollen flutschten nur so und schnell füllte sich die Halle. Auch zahlreiche Hersteller und Pressevertreter fanden sich eine halbe Stunde später beim Press-Welcome ein. Kurz und knapp viel wie immer der Redebeitrag des bike-fair-teams aus und wie 2019 Jahr nutze einer der Hauptaussteller die Gelegenheit zur Vorstellung neuer Räder.

Anatol Sostmann, Director Product & Brand ROSE Bikes hatte zwei Varianten des neuen Sneak+ dabei. Mit diesen Modellen in einer interessanten Preisrange ab 2.350 € will ROSE Bikes seinen Beitrag zur Rückeroberung der Urban-Arears durch das Rad steigern. ROSE hat zur Promotion ein sehr gut gemachtes Video produzieren lassen. „Périphérique“ sucht nach der Möglichkeit im Stil des SW-Films „Le Haine“ mit den sozialen Problemen in Paris (und anderswo) auseinander zu setzen. Zum Fahrradkurier wird man nur mit einem guten Rad, auch wenn dieses geklaut ist. Und dennoch schlagen dem Protagonisten Feindseligkeit in der Upper-Class entgegen.

Aber nun in die Halle. Zuerst bleibe ich auf dem Stand von „Urwahn“ hängen, einer Marke aus Magdeburg. Der Silbe „Ur“ im Namen werden sie gerecht. Auch in den Anfangszeiten des Safety auf dem Weg zum heutigen Diamantrahmen gab es Ideen ohne das klassische Sattelrohr auszukommen. Urwahn druckt die Rahmenknoten im 3D-Drucker, schiebt auf diese dann die Rahmenrohre und verschweißt sie bündig. In Verbindung mit einer absolut kratzfesten Oberflächenbeschichtung in verschiedenen Farben oder Oberflächenveredelungen entsteht ein absolut homogener Stahlrahmen der im Bereich des Hinterbaus bis zu 2 cm einfedern kann. Der klassische Baustoff Stahl macht es möglich. Über diese Marke werde ich noch gesondert berichten.

Im vorderen Teil der Halle haben wieder kleinere Label die Möglichkeiten auf ein / zwei Podesten ihre Produkte zu präsentieren. Wieder dabei „Fern“ mit ihren fernreisetauglichen maßgeschneiderten Rädern und dem befreundeten Label „Gramm“ für das passende Bikepacking. Inzwischen kann man bei Gramm zwischen einer Vielzahl von Materialien und Designs wählen. Mich faszinierte vor allem die Leichtigkeit der ausgestellten Taschen.

Spannend auch das Label „Finnbar Trout Cycles“ aus Köln, die mit zwei Rädern die breite Spanne ihres Könnens darstellten. Einmal ein Eroica geeigneter Rahmen mit schlanken Rohren und schönen Muffen-Details und dann ein modernes Rahmendesign mit einer sehr schönen und in mehreren Arbeitsgängen gearbeitetem Oberflächenfinish. Bei meinem nächsten Besuch in Köln steht ein Besuch bei diesem Label auf dem Programm.

Auf dem Stand von ROSE gab es neben den bereits erwähnten Sneak+ und weiteren Modell der Range auch die neue Bekleidungsserie zu sehen, passend zum Urbangedanken der Sneak+ Serie.

Auffallend, dass die ökologischen Materialien und Produktionstechniken weiter von den Herstellern in den Vordergrund gestellt werden. So wartet die Marke „Tripple2“ mit in Europa gefertigten nachhaltigen Cycle-Wear Produkten auf. Was nützt es schließlich wenn ich ein Jersey oder T-Shirt aus natürlichen Materialien gefertigt, mit natürlichen Farben colouriert und ökologisch produziert wurde, dessen Rohstoffe über die Fertigung bis zu mir aber mehrfach um die Welt gereist sind und mehr Kilometer zurückgelegt hat, als ich jemals mit dem Shirt radfahren werde.

Ökologisch soll auch die Reinigung unserer Räder werden. Am Ende der Halle geht es um Reinigungsprodukte und Fahrradreinigungsmaschienen. Vor allem für Fahrradverleihsysteme, und diese werden ja auch vermehrt von Kommunen selbst angeboten, stellt sich die Frage wie sie die Räder sauber halten um ein attraktives Angebot stetig bereit zu halten. Um ehrlich zu sein, habe ich mir bisher noch nicht soviel Gedanken darüber gemacht woraus die rote, rosa oder gelbe Flüssigkeit besteht, mit der meine Räder wieder clean gemacht werden fürs Wohnzimmer. Ich werde in den nächsten Wochen die Gelegenheit nutzen um die Produkte von „Wash’nn Roll“ zu prüfen. Zumindest ist es bezeichnend, dass in unserer heutigen Zeit die Mitbewerber nicht den Begriff „Ökologisch“ im Banner führen.

Natürlich darf auch auf der kollektif bike fair das Thema Lastenrad nicht fehlen. Lastenräder lösen bei mir immer eine zwiespältige Meinung aus. Einerseits finde ich manche Modelle wirklich schick und die Testfahrten mit einigen Lasteseln machen Spaß, andererseits musste ich doch immer zum Fazit kommen, dass ICH keins benötige. Den Vollversorger vor der Tür, die Wegelänge in die Innenstadt lohnt manchmal nicht das Rad aus dem Keller zu holen und beim Bier bin ich nicht soo wählerisch, dass ich mein Bedürfnis nur bei dem „Einen“ Shop am anderen Ende der Stadt befriedigen kann. Mit den Marken „Muli“ und „Hagen“ standen sich zwei Marken auf der Messe gegenüber, die auf den ersten Blick einiges gemeinsam haben: zweirädrige Modelle mit der Ladefläche vor der Lenkstange und beide bieten ihre Modelle wahlweise mit oder ohne E-Antrieb an. Aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Während „Hagen“ sein Design an die der klassischen Räder aus Kopenhagen wie z.B. dem Bullit von Harry&Larry anlehnt geht „Muli“ mit dem kurzen Radstand und dem klappbaren Korb einen eigenen Weg.

„Hagen“ wird in Estland produziert und setzt auf den klassischen Rahmenbau mit einer freien Ladefläche vor der Lenkstange, die der Nutzer frei bespielen kann. Als Antrieb stehen Kettenschaltung und die Unterstützung mit einem E-Motor zur Verfügung. Alex von der „Cargobike Roadshow“ zieht sofort sicher einige Runden auf dem Parkplatz. Was nicht überzeugt ist die Unterbringung des E-Motors in einer, in das horizontale Unterrohr eingeschweissten rechteckigen Stahlbox. Hier muss wohl noch etwas Designarbeit geleistet werden.

„Muli“ setzt auf den kurzen Radstand und die Flexibiltät durch die faltbare Box. Beides zahlt auf die bessere Abstell- und Staumöglichkeit. So berichtete der Mitarbeiter von „Muli“, dass er sein Lastenrad auf dem Heckträger des VW-Bulli transportiert. Allerdings mit der Einschränkung: Na ja, ein wenig steht es über.
Für mich jedoch bliebe bei der Anschaffung eines Lastenrades auch das Design ein wichtiges Entscheidungskriterium. Und da stimmen Funktionalität und Design manchmal zusammen. Vom segeln kennt man den Spruch: Länge läuft!

Auf dem Brompton-Stand gab es noch einen besonderen Leckerbissen. Die neue T-Line begeistert durch Leichtigkeit. Der Unterschied zwischen den 7,8 kg der T-Line zu den 12,0 Kg meiner C-Line ist „greifbar“. Auf einer kurzen Testrunde konnte ich erfahren, dass die Leichtigkeit auch noch die Fahrende erhöht. Die 200m Testrunde haben auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht.

Einen ganz wichtigen Aspekt der kollektif bike fair habe ich noch nicht angesprochen: Freunde und Gleichgesinnte treffen. Alex und Andi hatte ich auch die letzten zwei Jahre nicht gesehen und überall sah man Menschen, die sich freudig in die Arme vielen, weil es ihnen ebenso gegangen ist. Die bike fair ist immer Gelegenheit Freunde zu treffen und neue Bekanntschaften zu schließen. Am ersten Abend waren es bereits 1.500 Besucher, die diese Gelegenheiten nutzten. Diesmal muss das Wiedersehen hoffentlich nicht noch einmal zwei Jahre warten. Und nochmal vielen Dank an das Team von RadRace für diese Veranstaltung.

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